Take the scenic route…

Ein Rat, den ich fast täglich befolge...
Ein Rat, den ich fast täglich befolge…

Jay Blahnik blickt auf eine lange und sehr erfolgreiche Karriere im Sportbereich zurück, denn er hat in seiner 18 Jahre dauernden Tätigkeit für Nike großen Einfluss auf die Entwicklung von Nike+, zu der Nike Running (aktuell die weltweit größte Läufergemeinschaft) und Nike Training Club gehören, ausgeübt bzw. diese Produkte federführend in der Entstehung und der Weiterentwicklung begleitet. Seit einer Weile ist er auch für Apple tätig, wo er den Bereich „Gesundheit und Fitness“ leitet, der wiederum zentral die entsprechenden Funktionen von iPhone und Apple Watch prägt1.

Bei einer der Apple Keynotes ist er mir im Zusammenhang mit der Vorstellung eben jener Fitness-Funktionen der Apple Watch 2 aufgefallen, die mich dazu brachten, mir diese einmalige Uhr zuzulegen. Und mehr als ein halbes Jahr später bin ich überzeugt, dass es sich dabei um den besten Fitnessbegleiter handelt, den man überhaupt benutzen kann.

Zurück zum Zitat: Every once in a while, take the scenic route. – grob übersetzt: „Nimm ab und zu die Route mit der schönen Aussicht.“ Diesem Rat folge ich schon sehr lange, doch noch nie ist mir dieser wunderschöne Spruch vorher ins Auge gefallen.

Gerade seit letztem Sommer, also seit der Anschaffung des E-Bikes, bin ich zunehmend versucht, neben dem täglichen Laufen auch beim Radeln immer wieder alternative Routen zu benutzen, die zwar etwas länger, dafür aber angenehmer zu fahren sind (oder mir auf ästhetischer Ebene mehr bieten). Klar, auf dem Weg zur Arbeit drängt die Zeit fast immer, also wähle ich da den kürzesten und/oder schnellsten Weg. Geht es nach Hause, machen ein paar Minuten mehr einfach keinen nennenswerten Unterschied, also wähle ich oft den Weg, bei dem ich auf den weniger von Autos frequentierten Routen unterwegs bin oder wo ich eine schöne(re) Aussicht habe. Ein Beispiel:

Drei Varianten für den letzten Endes fast gleichen Zielpunkt...
Drei Varianten für den letzten Endes fast gleichen Zielpunkt…

Alle drei Screenshots stammen aus der Aktivitäts-App meines iPhones, die auf den über die Apple Watch gesammelten GPS-Daten basieren.

  • Das Bild links zeigt den vermutlich kürzesten Weg zwischen unserem Haus und dem sog. Lokschuppen, in dem sich ein sehr guter Copy-Shop befindet, bei dem ich ein A2-Poster für den Big Band Battle (ich berichtete) in Auftrag gegeben hatte, das abgeholt werden musste. Das Poster ragte hinten noch ein paar Zentimeter aus meinem Rucksack heraus, das Wetter sah „instabil“ aus, also wählte ich für den Heimweg (linkes Bild) den kürzesten Weg, um ja nicht in die Bredouille zu geraten.
  • Noch ein paar Minuten vorher, auf dem Hinweg, hatte ich einen kleinen Umweg genommen, der mich vielleicht zwei Minuten mehr kostete, mir dafür aber auf 75 Prozent des Wegs eine autofreie Strecke garantierte. Klarer Fall, die Route war einfach besser (mittleres Bild).
  • Auf dem Bild rechts dagegen sieht man eine ziemlich exakt verdoppelte Route (fast sieben Kilometer) meines üblichen Wegs zur Arbeit. Der Grund dafür war wiederum einfach: Erst sechs Stunden Unterricht, dann noch fast zwei Stunden Oberstufen-Organisation (die nächste Woche wird noch mal so richtig „heiß“…), danach brauchte ich ein paar Minuten mentalen Freiraum, in denen ich mich auf dem Rad austoben konnte. Und von meiner nahe der Aalener Innenstadt gelegenen Schule nach Röthardt hinauf gibt es einige ordentliche Steigungen. Selbst wenn das E-Bike da hilft, steigt die körperliche Anstrengung deutlich an. Und das war in dieser Situation genau richtig. Noch dazu ist der Ausblick von dort fantastisch (nicht ganz umsonst wird der sog. „Panoramaweg“ dort entlang geführt), ein weiterer Grund für den kleinen Umweg.

Beim Laufen ist es ohnehin so, dass ich natürlich meine Standard-Routen habe, immer wieder aber ein paar Schleifen oder Umwege einbaue, um die (gefühlte) Monotonie zu durchbrechen. Fast immer lohnt sich der kleine Umweg, denn nicht selten entdecke ich dabei wunderschöne Ecken oder neue Wege, die ich dann in den folgenden Wochen Stück für Stück „erlaufe“. Insofern kann ich allen den von Jay Blahnik zitierten Tweet nur ans Herz legen: Wenn der Weg schon das Ziel ist, dann darf der Weg auch eine schöne Aussicht haben.

  1. Unter https://en.m.wikipedia.org/wiki/Jay_Blahnik gibt es weitere Informationen (englisch) zu Jay Blahnik.

Gehört: „Ulysses“ von James Joyce

Liebevoll und aufwändig produziert: „Ulysses“ von James Joyce als Hörbuch.
Liebevoll und aufwändig produziert: „Ulysses“ von James Joyce als Hörbuch.

„Ulysses“ gehört zu den literarischen Werken, die mich aufgrund ihres Bekanntheitsgrades, des Autors (von dem ich in meiner Schul- und Studienzeit bereits drei andere Bücher gelesen und genossen hatte) und der Erzähltechnik („Stream of Consciousness“) schon lange faszinierten.

Weg mit dem (gedruckten) Buch

Die gedruckte Buchfassung hatte ich gut 20 Jahre im Regal stehen, bis mir klar wurde, dass ich sie nie lesen würde, schon gar nicht in dieser Darreichungsform. Meine Lesegewohnheiten sind in den letzten sieben Jahren derart stark auf iPhone und iPad umgemünzt worden, dass ich mich mit einem „normalen“ Buch in der Hand zwar nicht unwohl fühle, mir aber sofort klar ist, dass ich es eben nicht ständig (im Sinne von 24 Stunden am Tag) bei mir trage. Und in dieser Hinsicht schlägt das iPhone alle anderen Lesegeräte. Noch dazu ist der Kontrast auf dem Bildschirm derart hoch, dass ich auch schon seit gut fünf Jahren meine Lesebrille nicht mehr benötige. Zurück zum Buch: Die Druckfassung habe ich über Momox im letzten Jahr verkauft, aber das Interesse an „Ulysses“ als Werk blieb ungebrochen. Also langte ich vor ein paar Wochen tief in meine Taschen und leistete mir für gut 38 € im iTunes Store das beinahe 40 Stunden lange Hörbuch – pro Stunde ungefähr ein Euro, das ist aus meiner Sicht akzeptabel.

Hörbuch deluxe

Es ist eine wirklich grandios produzierte ungekürzte Fassung mit ca. 40 unterschiedlichen Sprechern (allerlei Geschlechts), die sich teils in kurzen Abschnitten, teils in wirklich langen Passagen abwechseln. Auch handwerklich ist das Hörbuch äußerst gut gemacht, denn es spielt – beim Laufen habe ich das durch die AirPods natürlich sehr deutlich gemerkt – auch mit dem Panorama: Bei Passagen, in denen sich die Sprecher in kurzem zeitlichen Versatz ergänzen, wird mehrfach zwischen linkem und rechtem Kanal hin und her gewechselt. Nötig wäre das natürlich nicht, aber ein interessanter Effekt ist es allemal.

Fazit: Die Hörbuch-Produktion ist sowohl hinsichtlich der Sprecher als auch der Audio-Qualität absolut makellos und ihr Geld zweifelsohne wert.

Das „Werk“

Vorwarnung: Ich „oute“ mich gleich als völliger Kulturbanause.

Anders als die Hörbuch-Produktion konnte mich das Werk – vielleicht auch aufgrund einer gewissen Reife, die ich mir mittlerweile schamlos zugestehen darf – nur wenig mitreißen. In den letzten Monaten/Jahren habe ich sehr viel gelesen und noch mehr gehört. Wenn mir etwas gefiel, habe ich darüber gebloggt, wodurch den Lesern meines Blogs ziemlich leicht fallen dürfte, meine literarischen Interessensgebiete einzugrenzen:

  • Unmengen an Science Fiction (z.B. „Krieg der Klone“ von John Scalzi oder die „Space Troopers“-Reihe von P. E. Jones)
  • viel Action (z.B. die „Cotton Reloaded“-Serie)
  • (leichter) Horror (vor allem die späteren Werke von Stephen King wie „Die Arena“ oder auch „Dreamcatcher“)
  • viel Humor (z.B. „Das Rosie-Projekt“ von Graeme Simsion)
  • gerne auch alles in Kombination
  • oder natürlich Fachbücher über sportliche oder Gesundheits-Themen.

Gerade bei den Romanen und Kurzgeschichten geht es mir aber darum, die Charaktere in ihrer Interaktion zu erleben, Anteil an ihren Motiven und den Umständen, die sie zum Handeln zwingen, zu nehmen, sie zu verstehen und meist auch innerlich zu bewerten – das macht Literatur ja so großartig: Sie kann uns unterhalten, uns bewegen und zum Nachdenken anregen. Außerdem schätze ich es sehr, wenn die Handlung zügig vorangetrieben wird.

„Ulysses“ dagegen ist – oberflächlich betrachtet – die Verkörperung der Banalität, denn es geht letztlich um nichts. Das sage ich nicht verächtlich, eher bedauernd. Faktisch folgt die Geschichte (es ist ja noch nicht einmal eine richtige Geschichte…) einen Tag (für die Puristen: einen Tag und ein Stück des folgenden Morgens) lang einer Person („Leopold Bloom“), zeigt seine Interaktionen mit einer Vielzahl anderer Menschen, dessen Gedanken und die der anderen Personen auf – vermag aber mit wenigen Ausnahmen kaum, mich zu interessieren. Der Grund ist die bereits erwähnte Banalität. Der Schluss des Buchs ist ja ein gut 40 Druckseiten langer innerer Monolog der Ehefrau („Molly Bloom“). James Joyce hat versucht, einen tatsächlichen Gedankenstrom nachzustellen, was ihm sicher auch gelungen ist. Doch leider sind unsere alltäglichen Gedanken mit Unmengen an Banalitäten angefüllt. Viele Menschen – ich sicher eingeschlossen – denken ziemlich oft an ganz normale körperfunktionale Dinge (z.B. „Ich muss demnächst mal wieder auf’s Klo…“ und dergleichen). Es ist ja schön, das einmal exemplarisch zu begreifen, wenn aber ein gut zweieindreiviertel Stunden langer Abschnitt eines Hörbuchs fast nur um derlei Themen kreist (und es ist wirklich so, dass Molly sich in diesem langen Abschluss-Gedankenstrom nur über Sex, die Gestaltung ihrer Wohnung, Sex, Shopping, Sex, Toilettengänge, Sex, Körperpflege, ihre eigene verschrobene Selbstwahrnehmung, Sex und dergleichen Gedanken macht) nimmt es die Wirkung einer Tortur an.

In „Geisterbrigaden“ lässt John Scalzi einen ähnlichen Gedankengang ablaufen:

Passt irgendwie perfekt, oder?
Passt irgendwie perfekt, oder?

Beim Laufen war es sogar noch viel schlimmer. Der schleppend langsame Verlauf dieses einen Tages (literarisch ja nun auf 38 Stunden ausgedehnt) zieht sich gefühlt doppelt so lange hin, wenn man sich des Morgens durch die noch recht düstere Ostalb bewegt. Mit dem richtigen Hörbuch „fliege“ ich (gefühlt) nur so über die Straßen und Wege, mit „Ulysses“ kroch ich wie eine Schnecke.

Die Erzähltechnik und die Wortwahl sowie der unverkennbar gebildete Ansatz, der nicht zuletzt durch die eingesetzten mindestens fünf Sprachen (ich konnte Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Latein erkennen) zutage tritt, sind die Elemente, die mich begeistern konnten. Hier und da schuf James Joyce sogar geradezu brüllend komische Passagen, wie zum Beispiel die Kutschfahrt nach dem Requiem für Paddy Dignam, bei der die Fahrgäste sich in einen wahren Lachrausch hineinsteigern.

Wie ich schon geschrieben habe: Ich bin wohl ein Kulturbanause. Denn selbstverständlich ist mir völlig klar, dass ein derart fähiger Autor wie James Joyce niemals in seinem Leben so viel Zeit und Mühe dafür geopfert hätte, nur Banalitäten anzusammeln. Das Werk ist durchzogen von einem feinen Netz literarischer, sozialer und historischer Anspielungen. Mein Banausentum besteht nun darin, dass mir das – geradeheraus gesagt – scheißegal ist. Momentan mag ich Bücher, die ich in die Hand nehmen und mich selbst für eine Weile darin verlieren kann. Ich suchte Unterhaltung und fand Bildung. Und genauso spröde, wie das klingt, war es leider auch.

Fazit:

Das Werk ist faszinierend, aber nicht für mein aktuelles Ich. Dieses sucht nach Unterhaltung, die das Werk in der für mich attraktiven Form nicht oder nur an wenigen Stellen zu bieten vermag. Dass ich mir die volle Länge gegönnt habe, zeigt, dass es mir durchaus ernst mit dem Buch war, doch ist mir jetzt eindeutig nach leichterer Kost, die meinem simplen Geist eher entgegen kommt. In einigen Jahren gibt es einen erneuten Anlauf, vielleicht sogar in Form eines iBooks mit zusätzlicher Sekundärliteratur, denn faszinierend ist das Werk nach wie vor auf einer intellektuellen Ebene – nur weiß ich, dass ich in den kommenden Jahren erst einmal kein Verlangen habe, mich dem Werk noch einmal so zu nähern.

Gehört: „Deeply Odd“ von Dean Koontz

Gerade habe ich den dritten Teil dieses Hörbuch-Bundles zu Ende gehört. Gleich vorweg: Abgesehen vom ersten Teil, der wirklich DEN Maßstab schlechthin gesetzt hat, war dieser auch gleich einmal qualitativ in vorderster Front. Wie immer gekennzeichnet von einer großen Prise recht makabren Humors entfaltet sich hier eine fast durchweg in hohem Tempo dahin rauschende, von wilden Action-Szenen gekennzeichnete Achterbahnfahrt, deren furioses Finale es mir kaum möglich machte, die AirPods aus den Ohren zu ziehen, um meinem Beruf nachzugehen.

Im zuletzt gehörten Odd Thomas-Roman („Odd Apocalypse“, hier) habe ich ja bemängelt, dass es verhältnismäßig lange gedauert hat, bis ich den Zugang zur Geschichte gefunden hatte. In „Deeply Odd“ war das nicht der Fall: Keine zehn oder fünfzehn Minuten im Hörbuch war ich schon so in die Handlung eingegraben, dass ich mich stets dem Gefühl ausgesetzt sah, sofort weiterhören zu müssen.

Dean Koontz und der erste Satz eines Romans…

Womit wir wieder bei dieser Eigenschaft der meisten Dean Koontz-Romane wären: Er schafft es fast immer, den Leser binnen weniger Sätze, oft sogar mit dem allerersten Satz, abrupt in die Handlung hinein zu ziehen – und dann auch nicht mehr loszulassen. Das ist zwar meine eigene Erfahrung, doch wenn man mal bei Wikipedia nachliest, scheint es allgemein als eines seiner charakteristischen Stilmerkmale zu gelten:

Koontz wichtigster Grundsatz: während der Grafiker das Buch so gestalten muss, dass es der Käufer in die Hand nimmt, ist es seine Aufgabe als Autor, den Leser gleich mit dem allerersten Satz so an das Buch zu fesseln, dass er es nicht mehr weglegen will. Das steht ganz im Gegensatz zum Schreibstil von Stephen King, der in seinen Büchern die Spannung ganz langsam und subtil aufbaut und viel Zeit dafür aufwendet, den Charakter eines Menschen eingehend zu beleuchten. Das typische Koontz-Buch beginnt damit, dass er seinen Hauptcharakter vor eine ausweglose oder extreme Situation stellt. Tatsächlich impliziert meist schon der erste Satz, dass gleich etwas Aufregendes passieren wird.

Doch all die Lobhudelei ohne Belege bringt nichts, daher habe ich aus der deutschsprachigen Übersetzung mit dem Titel „Abgrundtief“ den ersten Satz herausgezogen:

Es stimmt tatsächlich: Ein Satz, der den Leser sofort hineinzieht. „Warum läutet das Glöckchen um seinen Hals? Warum dreimal? Warum bereits vor der Morgendämmerung?“ – Und schon steckt man in der Geschichte...
Es stimmt tatsächlich: Ein Satz, der den Leser sofort hineinzieht. „Warum läutet das Glöckchen um seinen Hals? Warum dreimal? Warum bereits vor der Morgendämmerung?“ – Und schon steckt man in der Geschichte…

Weil ich schon so in Fahrt war, habe ich alle meine Dean Koontz-iBooks angesehen und jeweils den Anfang herausgezogen. Und siehe da: Nur einer würde mich jetzt nicht sofort in seinen Bann ziehen, alle anderen sehr wohl:

Der Anfang von „Seelenlos“
Der Anfang von „Seelenlos“
Der Anfang von „Schwarze Fluten“
Der Anfang von „Schwarze Fluten“
Der Anfang von „Die Anbetung“
Der Anfang von „Die Anbetung“
Der Anfang von „Meer der Finsternis“
Der Anfang von „Meer der Finsternis“
Der Anfang von „Schattennacht“
Der Anfang von „Schattennacht“
Der Anfang von „Darkfall“
Der Anfang von „Darkfall“
Der Anfang von „Strangers“
Der Anfang von „Strangers“
Der Anfang von „The Door To December“
Der Anfang von „The Door To December“
Der Anfang von „Phantoms“
Der Anfang von „Phantoms“
Der Anfang von „Die Unbekannten“
Der Anfang von „Die Unbekannten“

(Quizfrage: Welcher Anfang hat mich womöglich nicht gleich in seinen Bann geschlagen?)

Ich hoffe, das hat nicht genervt, zum „Glück“ hatte ich nicht noch mehr Dean Koontz-Romane zur Hand. Dennoch habe ich hoffentlich verdeutlichen können, dass er es schafft, mit einem clever überlegten Satz sofort so viel Information preiszugeben, dass man eine lebendige Vorstellung entwickelt – und gleichzeitig so wenig zu verraten, dass man mehr wissen möchte. Wie bereits mehrfach gesagt: Bei mir wirkt das immer ziemlich gut, denn ich habe alle diese Bücher „verschlungen“.

Teaser für „Deeply Odd“ (bzw. „Abgrundtief“)

Viel darf ich nicht verraten, sonst ist der Witz weg, aber zumindest ein bisschen:

Eigentlich will Odd Thomas nur ein paar neue Kleidungsstücke kaufen gehen, da er nicht mehr besitzt als die Sachen, die er am Leib trägt. Doch sein paranormaler Magnetismus führt ihn noch vor Betreten des Einkaufszentrums auf eine neue Fährte. Binnen weniger Minuten befindet Odd sich auf der Suche nach drei entführten Kindern, die grausam hingerichtet werden sollen. Doch das ist noch lange nicht alles…

Fazit

Na, schon Appetit bekommen? Ich lehne mich sicher nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich hier einfach so von mir gebe, dass dieser Roman höchst spannend, faszinierend mysteriös und aufreibend in seinem Suchtfaktor ist. Dieses Buch an einem regnerischen Ferientag auf dem bequemen Sofa (natürlich erst nach dem Lauf), da kann nichts mehr schiefgehen. Meiner schlichten Meinung nach handelt es sich bei „Deeply Odd“ neben dem ersten Odd Thomas-Roman um den besten dieser Reihe.

Gehört: „Transport 3: Todeszone“ von Phillip P. Peterson

Endlich erschienen, sofort besorgt und durchgehört: „Transport 3: Todeszone“ von Phillip P. Peterson.
Endlich erschienen, sofort besorgt und durchgehört: „Transport 3: Todeszone“ von Phillip P. Peterson.

Lange habe ich auf das Erscheinen des dritten Teils dieser packenden Science Fiction-Geschichte gewartet, als ich das Hörbuch vor etwas mehr als zwei Wochen bei iTunes entdeckte, habe ich sofort meine Kreditkarte belastet – zwei Tage später war ich durch. Mein Fazit ist: Juhu! Ein würdiger Abschluss für eine gelungene moderne Science Fiction-Trilogie!

Natürlich gäbe es wie immer auch etwas zu mäkeln, denn in den ersten zwei Teilen kann sich Russel, der Protagonist, jeweils mittels einer Art telepathischen Verbindung mit den Transportern verständigen. Auf diese Idee kommt er im dritten Teil erst, als gefühlt über die Hälfte der Handlung verstrichen sind. Warum kommt er nicht auf diese Idee? Das ist der eine Fehler, der jedem Kenner der ersten zwei Teile binnen weniger Kapitel auffällt. Natürlich begreift man als heutiger Leser/Hörer, dass sonst die Story einfach zu kurz wäre. Doch irgendwie nervt es, dass man im Hörbuch schon so lange vor dem Protagonisten auf diese Idee kommt.

Hier und da gibt es dann auch noch eine mentale Verbohrtheit bei dem einen oder anderen Charakter, die nicht zwingend einleuchten muss. Aber egal, der Autor schreibt, der Vorleser liest, ich lausche – und genieße (weitgehend).

Ansonsten ist die Geschichte gespickt mit interessanten und klugen Ideen. Bis auf die gerade erwähnten (und zum Glück recht marginalen) Mängel strotzt die Handlung vor Action, die Schluss-Klimax ist geradezu unerhört, außerdem wird die für Science Fiction-Fans so wichtige Neugier auf neue Welten schon sehr bald und im Verlauf der Handlung gleich mehrfach befriedigt, allein das tröstet über vieles hinweg. Und noch ein Punkt erfreut mich: Die Trilogie schließt die Geschichte auf elegante Weise ab. Rein theoretisch wäre natürlich immer ein „Anbau“ möglich, sehr wahrscheinlich ist er aber nicht. Das gefällt mir, denn es folgt einer der von Stephen King mehrfach erwähnten Maxime:

„Kill your darlings.“

Natürlich meint er nicht damit, man solle die echten, lebendigen „Lieblinge“ im Sinne von Angehörigen oder Haustieren töten. Nein, es geht darum, auch „lieb gewonnene Ideen“ wieder aus einer Handlung zu streichen, wenn man sie an sich zwar schätzt, aber dann doch realisieren muss, dass sie der Geschichte nicht weiterhelfen. Hier ist es ganz ähnlich: Das Ende der Trilogie ist gleichzeitig das charmantest mögliche Ende der gesamten „Transport“-Saga. Also „tötet“ Phillip P. Peterson sein „Schätzchen“, indem er die Saga genau an dieser Stelle auch tatsächlich enden lässt. Zumindest sieht es genau danach aus.

Ich komme zur abschließenden Wertung: Auf einer imaginären 10 Punkte-Skala, bei der 10 am besten wäre, erhält „Transport 3: Todeszone“ von mir eine 8. Das kann sich doch wirklich sehen lassen. Für Science Fiction-Fans ist die gesamte Trilogie eine eindeutige Empfehlung. Frische, unverbrauchte Ideen, die gekonnt in Szene gesetzt werden – davon darf es gerne noch viel mehr geben!

Von der kreativen Kraft einer Deadline

Immer wieder stoße ich im Internet (vor allem auf Twitter) auf das weithin bekannte Duke Ellington-Zitat, in dem er trefflich sagt:

Ich brauche keine Zeit, ich brauche eine Deadline.

Eines der besten Zitate, das meine Arbeits-Situation nicht selten perfekt umschreibt.
Eines der besten Zitate, das meine Arbeits-Situation nicht selten perfekt umschreibt.

Heute ist so ein Tag, an dem ich genau nach dem Motto arbeite. Jeden Freitag um 13:00 h beginnt die Big Band-Probe in meiner Schule. Letzte Woche habe ich großspurig verkündet, bis nächste Woche (von heute aus: morgen) sei das neue Stück „sicherlich fertig“. Doch dann…

  • Samstag: Tag der offenen Tür (oder „Grundschulinfotag“), von 8:00 bis 13:30 h durchgehend nur am Rennen und Machen, Organisieren und Musizieren. Danach: Müde zum Umfallen, keine Chance mehr, etwas in kreativer Hinsicht gebacken zu bekommen.
  • Sonntag: Vorbereitung für drei Klassen (jeweils Doppelstunden), Fertigstellen einer Korrektur (zum Glück eine relativ kleine Klasse). Da kam ich immerhin ein bisschen zum Arrangieren.
  • Montag: Schule von 7:45 bis 15:30 h, die Jüngste vom Hort abholen, Haushalt (da hatte meine Frau ihren Tag der offenen Tür), ab 19:00 h war ich so platt, dass ich schon das Abendessen nur mit halb geöffneten Augen hinbekam.
  • Dienstag: Mein Vorbereitungstag, denn da habe ich nur zwei Stunden Unterricht. Dafür ist der Mittwoch immer sehr lang und voll, also musste ich alle vier Klassen für den Mittwoch hinbekommen. Das Arrangieren/Komponieren trat ganz kurz.
  • Mittwoch: Langer Tag, entsprechend platt danach, außerdem musste auch noch der Donnerstag vorbereitet werden. Uffffffffff…
  • Donnerstag/heute: Vormittag durchgehend, daheim um kurz vor 14:00 h, Essen, dann Arrangieren/Komponieren ohne größere Pausen.

Doch ich bin zuversichtlich, das Stück morgen fertig mit in die Probe nehmen zu können. Dieser Blog-Eintrag war ein dringend benötigter Prokrastinationsvorwand, so bekomme ich den Kopf frei und neue Ideen hinein…

Ein kleiner Ausschnitt aus dem neuen Stück, mal sehen, wie es mit „echten“ Instrumenten klingt.
Ein kleiner Ausschnitt aus dem neuen Stück, mal sehen, wie es mit „echten“ Instrumenten klingt.

Gehört: „Paradox – Am Abgrund der Ewigkeit“ von Phillip P. Peterson

Phillip P. Peterson: „Paradox“: Spannende Science Fiction mit etwas eindimensionalen Charakteren. Trotzdem hörenswert, allein schon der Star Trek-Referenzen wegen!
Phillip P. Peterson: „Paradox“: Spannende Science Fiction mit etwas eindimensionalen Charakteren. Trotzdem hörenswert, allein schon der Star Trek-Referenzen wegen!

Bereits vor einigen Wochen gab es bei iTunes das Hörbuch „Paradox – Am Abgrund der Ewigkeit“ von Phillip P. Peterson für 2,99 € im Angebot. Bereits früher hatte ich es gesehen, doch da lag der Preis noch bei 12,99 €. Zu dem Zeitpunkt steckte ich noch mitten in ein paar anderen Hörbüchern, also schob ich den Kauf damals auf. Doch als ich dann beim zufälligen Stöbern wieder auf das Hörbuch stieß und es zehn Euro billiger war, gab es kein Zögern mehr. Binnen weniger Tage hatte ich das Hörbuch durch.

Von Phillip P. Peterson habe ich vorher schon zwei gänzlich exzellente Science Fiction-Hörbücher genossen: „Transport“ und „Todesflut (Transport 2)“. Daher lag die Erwartungs-Messlatte sehr hoch. Und wurde leider auch nicht zu 100% erfüllt. Aber STOPP! Bevor jemand denkt, ich wäre von „Paradox“ nicht angetan gewesen, muss ich gleich einschreiten, denn: Die Geschichte ist spannend, etliche der verwendeten Ideen sind in bester Science Fiction-Manier exzellent, die Star Trek-Hommagen geradezu brillant, nur leider – zum Glück das aus meiner Sicht einzige wirkliche Manko – bleiben die Charaktere für meinen Geschmack einen Tick zu eindimensional:

Mit Ed Walker haben wir einen sturen, stiernackigen US-Astronauten, der erst einmal mit dem Kopf durch jede Wand muss, dem David, ein liebenswerter, aber leider nicht im geringsten praktisch veranlagter Wissenschafts-Nerd, gegenübergestellt wird. Ein ungleiches Paar, aus dem sich auch einige Energie für die weitere Handlung entfesselt, doch entwickelt sich diese an sich faszinierende Hass-Liebe irgendwie nicht weiter. Dann noch das Frauen-Problem: Ed hat sich mit seiner sturen Art seiner Ehefrau so entfremdet, dass sie ihn einfach vor die Tür gesetzt hat, David ist in dieser Geschichte ein mehr oder weniger asexuelles Wesen, das außer der Wissenschaft nichts kennt. Und dann kommen tatsächlich noch zwei weibliche Astronauten mit: Eine ist die überehrgeizige Wildkatze, die Ed gegenüber massiv die Krallen ausfährt und sich ihm gegenüber immer wieder sehr ablehnend verhält, weil er anstatt ihrer das Kommando innehat. Die andere Astronautin ist eine eher zurückgezogene, stille Person, die am etwas dystopischen Ende trotz all ihrer Erfahrungen und der vorher so eindrücklich geschilderten Bedachtheit mehrere Szenen lang nur betrübt vor sich hin „heulen“ darf. Darüber hinaus gibt es auch noch einen machthungrigen Milliardär (wenn diese Bezeichnung überhaupt ausreicht), der am Ende des Romans beim Nichtaufgehen seiner Pläne einen Herzinfarkt erleidet, um einen schnellen Abschluss der Geschichte möglich zu machen.

Noch einmal mit aller Klarheit: Die Geschichte ist richtig gut, spannende Science Fiction ziemlich genau nach meinem Geschmack. Wenn doch nur die Charaktere ein wenig authentischer wären! Auf einer imaginären 10er-Skala für die Qualität (1=mäh, 10=wow) würde der Roman von mir eine 8 bekommen. Solange der niedrige Preis bei iTunes gilt, kann ich das Hörbuch eindeutig weiterempfehlen.

Und es gibt gleich noch einen Lichtblick: Mittlerweile ist „Todeszone (Transport 3)“ als Hörbuch erschienen — das wird sicher ein Fest!

Gehört: „Am Ende aller Zeiten“ von Adrian J. Walker

Ich bin ja ein großer Fan von jeglicher Art von Büchern, die mit Laufen zu tun haben. Vor einigen Monaten hatte ich mich ja erst sehr positiv über Haruki Murakamis „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“ ausgelassen, das ich nach wie vor für eines der besten Bücher über das Laufen halte (hier ist meine Rezension). Als ich dann beim Stöbern in der „Science Fiction & Fantasy“-Hörbuch-Sektion von iTunes auf „Am Ende aller Zeiten“ von Adrian J. Walker (passender Nachname…) stieß, war ich angesichts des Anreißer-Texts ganz hingerissen.

Edgar Hill ist Mitte dreißig, und er hat sein Leben gründlich satt. Unzufrieden mit sich und seinem Alltag als Familienvater und Eigenheimbesitzer weiß er nur eins: So kann es nicht weitergehen. Als das Ende kommt, kommt es von oben: Asteroideneinschläge verwüsten die Britischen Inseln. Städte, Straßen, Internet – all das gehört plötzlich der Vergangenheit an. Das Chaos ist gigantisch, die Katastrophe total. Edgar wird von seiner Familie getrennt und vor die größte Herausforderung seines Lebens gestellt: Will er Frau und Kinder jemals wiedersehen, muss er von Schottland nach Cornwall laufen, 500 Meilen durch ein sterbendes Land. Und er muss zu dem Mann werden, der er schon immer sein wollte.

Ziemlich schnell war die Entscheidung gefallen, das Geld verschwand wie von Geisterhand von meiner Kreditkarte, dafür war ein paar Minuten später das Hörbuch geladen.

Covergestaltung

„Am Ende aller Zeiten“, gerade die Aufmachung als (Lauf-) Tagebuch finde ich durchaus gelungen.
„Am Ende aller Zeiten“, gerade die Aufmachung als (Lauf-) Tagebuch finde ich durchaus gelungen.

Im Englischen Original heißt das Buch „The End of the World Running Club“, übersetzt also „Der Ende der Welt Lauf-Club“, was eigentlich viel schöner ist. Meinetwegen hätte man diesen Titel ausnahmsweise mal gar nicht übersetzen müssen. Immerhin passt das Coverbild gut dazu, denn so eine Kladde, in die man die Trainingsfortschritte einträgt, würde einem Mitglied des Lauf-Clubs sehr gute Dienste leisten. Der Zusammenhang geht angesichts des deutschen Titels recht lange verloren bzw. wird erst um die Mitte der Handlung einleuchtend, wenn der Begriff des „Lauf-Clubs“ tatsächlich fällt.

Inhalt

Der Roman bzw. das Hörbuch handelt tatsächlich vom Ende aller Zeiten, wie der Titel verrät. Doch in diesem Fall ist es beinahe wörtlich zu nehmen, denn die Handlung spielt in einer (theoretisch nicht allzu weit entfernten) zukünftigen Welt, die von mehreren Tausend Asteroiden getroffen und verwüstet wurde. Vielerorts ist die Infrastruktur völlig zerstört oder so stark in Mitleidenschaft gezogen worden, dass als einzig effektive Möglichkeit der Fortbewegung Gehen und Rennen übrig geblieben sind.

Der Protagonist, Edgar, ist zu Beginn der Handlung noch ein übergewichtiger und fauler Kerl, der sich aus seinen familiären Verpflichtungen (zwei kleine Kinder, um die sich die Mutter kümmert) so oft wie möglich abseilt – was ihn bei mir gleich einmal ziemlich unbeliebt gemacht hat. Immerhin sieht er sein Versagen im Verlauf des Buchs ein und erntet auf diese Weise ein paar Bonuspunkte.

Während einer Nahrungsbeschaffungsaktion sind Edgar, Bryce und einige andere der Überlebenden im zerstörten Edinburgh unterwegs, als ein Hubschrauber die im Lager Zurückgebliebenen aufliest und nach Cornwall fliegt, wo sie auf ein Schiff gehen sollen, das in knapp drei Monaten in Richtung Südafrika ablegen wird.

Zum Glück – aus meiner Sicht – spielt sich alles in Schottland bzw. England ab, denn im Verlauf der Handlung muss das bunt zusammengewürfelte Grüppchen von Edinburgh hoch oben in Schottland nach Wales, also an die Südwestküste der Insel, gelangen. Das ist eine durchaus zu bewältigende Strecke, die britische Läuferin Yvie Johnson hat das vor ein paar Monaten erst gemacht, was der Geschichte einen Touch mehr Glaubwürdigkeit verleiht. Müssten die Läufer quer durch die USA ein paar Tausend Kilometer laufen, wäre das Szenario gleich viel unrealistischer.

Im Lauf der Geschichte wachsen die Hauptfiguren trotz etlicher charakterlicher Gegensätze zusammen und bilden eine Nutzgemeinschaft, die sich gegenseitig weiterhilft. Natürlich erleben sie etliche kleinere und größere Katastrophen, der Schluss ist ganz anders als erwartet, da er weder als richtiges Happy End noch als völlige Katastrophe daherkommt. Das Spiel mit den Erwartungen der Leser ist dem Autor wirklich gelungen.

Zitat

Der Anfang des Kapitels „Niemals zu Ende“ blieb mir gleich im Kopf hängen, während ich morgens kurz nach fünf auf dem Laufband dahin stapfte. Sofort war mir klar, dass ich diesen Abschnitt in meiner Rezension verbraten würde – hieße ich Zeilenende, hätte ich an der Stelle einen gelben Zettel auf mein Hörbuch geklebt… – Also musste ich mir das Kapitel merken und dann für euch heraushören. Doch die Arbeit hat sich gelohnt:

Ihr wollt wissen, wie es sich anfühlt, 30 Meilen zu laufen? 30 Meilen am Stück durch Schlamm und über versengte Erde? 30 Meilen, auf denen man ständig Kratern ausweichen und unter umgestürzten Bäumen durchkriechen muss, nachdem man schon das ganze Land zu Fuß durchquert hat? 30 Meilen mit kaputtem Knöchel, einem erblindeten Auge und nach einem Frühstück, das aus einer halben Dose Bohnen bestand? Ich kann’s euch sagen. Es beginnt wie jeder andere Lauf. Vor dem ersten Schritt, bevor die erste Muskelfaser zuckt, bevor die ersten Neuronen feuern, stehst du vor einer Entscheidung: Stehen bleiben oder laufen? Du entscheidest dich richtig. Dann wiederholst du diese Entscheidung hunderttausend Mal. Du läufst keine 30 Meilen, du läufst viele Male einen einzigen Schritt. Das ist alles beim Laufen und auch sonst. Ob du etwas erreichen oder umgekehrt von etwas loskommen musst, der Weg ist immer derselbe: Hunderttausend einzelne Entscheidungen, von denen du jede einzelne richtig triffst. Du brauchst nicht an die Entfernung zu denken oder an dein Ziel oder daran, wie weit du schon gekommen bist. Du musst nur an das denken, was vor dir liegt. Und das musst du hinter dich bringen.

Vermutlich können sich die meisten Läufer recht gut in dieses Gedankengebäude hineinversetzen, denn an den Tagen, an denen der Schweinehund die ganz harten Geschütze auffährt (Dreckswetter, Muskelkater, Erschöpfung, Termindruck…), hilft eine derartige Strategie tatsächlich: Loslegen, nicht darüber nachdenken, einfach immer noch einen Schritt. Dann noch einen. Dann noch einen.

Fazit

Alles in allem war ich mit diesem Kauf sehr zufrieden, denn man bekommt viel für das Geld: Der Preis pro Hörbuchstunde liegt deutlich unter einem Euro, damit kann ich leben. Und da ich mit Endzeit-Fantasien als Teil des Science Fiction-Genres ohnehin auf gutem Fuß stehe, sprach mich das im Roman entwickelte Szenario durchweg an. Nicht zu vergessen der Fokus auf der läuferischen Tätigkeit, die ich ja nun selbst täglich ausübe (ich bin ganz nah an den 4.300 Kilometern in diesem Kalenderjahr). Da passt aus meiner persönlichen Perspektive sehr viel sehr gut zusammen. Ich habe das Hörbuch genossen, was sicher auch zu einem guten Teil an Uve Teschners gelungenem Lesestil liegt. Wer die gerade genannten Themengebiete ebenso schätzt wie ich, kann hier nicht viel falsch machen…

Gesehen: „Paul – Ein Alien auf der Flucht“

Ich sehe Filme mit Simon Pegg immer recht gerne, denn er hat diesen fantastisch planlosen Gesichtsausdruck. Schon bei „Shaun of the Dead“ war das in den ersten zehn, fünfzehn Minuten einfach unschlagbar. Als es bei iTunes „Paul – Ein Alien auf der Flucht“ im Angebot für 3,99 € gab und ich sah, dass er mitspielte, zögerte ich nicht länger und lud den Film.

Eine wundervoll überdrehte und mit Zitaten aus anderen Science Fiction-Filmen gespickte Komödie, die ein Herz für Nerds hat.
Eine wundervoll überdrehte und mit Zitaten aus anderen Science Fiction-Filmen gespickte Komödie, die ein Herz für Nerds hat.

Humor

Natürlich ist der Humor nicht immer brillant, streckenweise ist er sogar ziemlich platt und stellenweise derb unanständig, doch es gibt auf der anderen Seite so unglaublich viele kleine und größere Zitate, die jeden Kenner der Science Fiction-Filmszene zum Jubeln bringen. Das gleicht sich einigermaßen aus.

Noch dazu wird ein sehr positiver Blick auf das Nerdtum im Allgemeinen geworfen: Die völlige Hingabe an eine Leidenschaft, die oft schon seit der frühen Kindheit besteht und im Erwachsenenalter weiter liebevoll gepflegt wird, erntet von Nichteingeweihten ja oft Kopfschütteln oder abfällige Bemerkungen. In diesem Film jedoch wird die schiere Begeisterung gezeigt, wenn zwei Männer sich gemeinsam einen Kindheitstraum erfüllen – und dabei die beste Zeit ihres Lebens haben. Als „verkappter Trekkie“ (ich kenne so ziemlich alle Star Trek-Folgen, habe alles auf DVD, würde aber vermutlich nie in Verkleidung herumlaufen, kann auch nicht fließend Klingonisch sprechen) konnte ich das in voller Gänze gutheißen. Und es gleicht den vorhin erwähnten Mangel an sprachlichem Niveau mehr als aus.

Müde, müde, müde…

Beim Ansehen bin ich bei den ersten zwei Anläufen völlig entgegen jeglicher Erwartung eingepennt. Das lag aber vermutlich einfach nur daran, dass es unter der Woche war. Nach dem frühen Aufstehen und einem langen Schultag mit Vorbereitung, Hausarbeit und diversen Besorgungen ist kurz nach 21 Uhr, spätestens aber um 22 Uhr, völlig Feierabend für mich. Bei diesen ersten beiden Anläufen war ich jeweils vor halb zehn ausgeknipst.

Darüber hinaus muss ich auch jedem Film, bei dem ich einschlafe, attestieren, dass es ein Qualitätsmerkmal besonderer Art ist, denn bei schlechten Filmen kann ich mich nicht entspannen. Insofern sollte sich jeder Regisseur freuen, wenn ich bei seinem Film wegdämmere und einschlafe. Man könnte also sagen, dass der Film das „Solera-Prädikat für auf angenehme Weise ermüdende Filme“ auf jeden Fall erhalten hat.

Der Solera-Kids-Award

Gestern durften unsere Kinder den Film erstmals sehen. Wie immer waren sie am Anfang sehr abgeneigt, sich einen „neuen“ Film anzusehen – das scheint ein abwertendes Kriterium zu sein, vor allem bei unserer Mittleren. Also schlugen wir Erwachsenen vor, dem Film die (von Edmund Stoiber bekannten) zehn Minuten zu geben, danach könnten wir immer noch zu einem anderen Film wechseln. Der Plan ging auf, nach etwas mehr als einer Stunde fragte ich mal ganz vorsichtig, ob sie doch einen anderen Film sehen wollten, was sofort vehement verneint wurde.

Insofern trägt der Film jetzt nicht nur das (selbstverständlich weltweit anerkannte) Solera-Prädikat, nein, er hat auch den (sehr seltenen und daher bei Regisseuren wie auch Darstellern extrem begehrten) Solera-Kids-Award verliehen bekommen. Die größten Lacher lösten die mehrfach eingesetzten Rückwärts-Umfaller diverser Charaktere der Handlung beim ersten Anblick des Aliens aus. Mir dagegen imponierte die Szene im Comic-Laden, bei der ein FBI-Agent Paul, den er für eine Werbefigur für Comic-Fans hält, in die Hose fasst und dann von diesem überraschend zurechtgewiesen wird. Da könnte ich jedes Mal neu vom Sofa fallen…

Fazit:

Wer auf leichte Unterhaltung mit guten Schauspielern und einigen gekonnt ausgewählten Filmzitaten steht, ist mit diesem Streifen sicher nicht schlecht bedient. Unter Garantie gibt es etliche Filme, die noch viel lustiger sind, aber meinem einfachen Gemüt kam dieser Film sehr entgegen.

Gemeinsam Lesen: „Die Fäden der Zeit“ von Lori M. Lee

Gemeinsam Lesen – eine schöne Aktion!
Gemeinsam Lesen – eine schöne Aktion!

Zu lange schon habe ich keinen Beitrag mehr in dieser Kategorie veröffentlicht, noch dazu gehört das Buch, um das es heute geht, zu den „Sechs Büchern für 2016“, die im Verlauf dieses Kalenderjahres von meinem SuB (Stapel ungelesener Bücher) verschwinden soll. Allzu weit bin ich noch nicht in das Buch vorgedrungen, doch der Stil und die Handlung wecken bislang durchaus mein Interesse.

Welches Buch liest du gerade und auf welcher Seite bist du?

„Die Fäden der Zeit“ von Lori M. Lee, einer mir persönlich bislang völlig unbekannten Fantasy-Autorin. Aktuell befinde ich mich auf S. 171 von 1.049 Seiten (iBooks auf dem iPhone).

„Die Fäden der Zeit“ von Lori M. Lee – der Anfang ist sehr vielversprechend...
„Die Fäden der Zeit“ von Lori M. Lee – der Anfang ist sehr vielversprechend…

Wie lautet der erste Satz auf deiner aktuellen Seite?

Die Frau legte den Kopf schief, wobei ihr die Haare über die Schulter glitten. (S. 171)

(Kaum hatte ich den – zugegeben an sich völlig unspektakulären – Satz gelesen, musste ich gleich noch die folgenden drei Seiten bis zum Ende des Kapitels vollenden – die Autorin schafft es wirklich, mich einzuwickeln…)

Was willst du unbedingt aktuell zu deinem Buch loswerden?

Gekauft habe ich das Buch aufgrund einer sehr positiven Besprechung in einem der vielen Bücher-Blogs, denen ich hier bei WordPress folge. Kaum hatte ich es, schwand – unerklärlicherweise – die Lust auf das Eintauchen in die Geschichte. Daher schob ich das Buch seit mindestens einem guten Jahr vor mir her.

Da der gute Zeilenende vor ein paar Monaten aber die Aktion „Sechs Bücher für 2016“ in mein Blickfeld rückte, beschloss ich einfach, dieses Buch auf meine persönliche „Jetzt aber“-Liste zu setzen. Und vor ein paar Tagen habe ich dann schnell, bevor sich wieder ein anderes spannendes (am Ende gar neues) Buch dazwischen drängeln konnte, mit dem Lesen angefangen. Eine abschließende Rezension gibt es in dem Fall, wenn mir das Buch am Ende immer noch gefällt – die Chancen dafür stehen nicht schlecht…

Wartezimmergespräche der Sorte „Nein, danke!“

Seit 1980 heißt „Rhodesien“ schon „Zimbabwe“, doch das ist noch nicht überall angekommen...
Seit 1980 heißt „Rhodesien“ schon „Zimbabwe“, doch das ist noch nicht überall angekommen…

Heute musste ich zum Arzt. Da ich keinen Termin vereinbart hatte, musste ich etwa 20 Minuten warten – was immer noch recht zügig war, denn selbst mit Termin muss man bei der einen oder anderen Praxis unter Umständen ganz schön lange warten (mein trauriger Rekord liegt bei mehr als drei Stunden für ein knapp viertelstündiges Beratungsgespräch).

Während der Wartezeit las ich auf dem iPhone, war aber aufgrund der Schmerzen etwas unkonzentriert und hörte zwangsläufig mit, was drei ebenfalls wartende Herren – durchaus gehobenen Jahrgangs – so von sich gaben. Und das war derart absurd, wäre es nicht so furchtbar dumm und unangebracht gewesen, hätte ich eigentlich nur laut über so viele unbegründete und kaum nachvollziehbare Vorurteile, wie man sie höchstens in einem AfD- oder NPD-Parteiprogramm finden sollte, lachen können. Doch eben zu diesem Lachen war mir nicht zumute, denn in besagtem Gespräch brachten die drei Herren innerhalb weniger Minuten unter vielen anderen auch die folgenden Punkte zum Ausdruck:

  • Saddam Hussein war zwar ein böser Diktator, aber er hat sein Volk wenigstens unter Kontrolle gehabt. Da gab es keine Aufstände, da herrschte noch Zucht und Ordnung. Das waren noch gute Zeiten, natürlich gut für uns, weil dementsprechend auch keine Flüchtlinge aus dem Irak nach Europa hinüber geschickt wurden.
  • Afrika ging es im Zustand als Kolonie der europäischen Kolonialmächte viel besser. Das Argument dafür könnte ich jetzt wieder aus dem vorigen Punkt herauskopieren, müsste nur halt den Saddam weglassen: Unter der Herrschaft der Briten, Franzosen, Deutschen, Niederländer usw. ging es „denen da unten“ ja eigentlich viel besser, weil denen dann endlich einmal jemand gesagt hat, wo’s langgeht. Seitdem diese alten Herrschaftsstrukturen weg sind, zerfällt das Land. Als Resultat der Kriege kommen haufenweise Flüchtlinge nach Deutschland, die hier herumschmarotzen.
  • Am wirklich amüsantesten war das Beispiel, das einer der Herren (locker Ende 60, eher Mitte 70) wählte: Rhodesien. Rhodesien??? Das Land ist seit 1980, also seit 36 Jahren, unabhängig von Großbritannien. Seitdem heißt es nicht mehr Rhodesien sondern Simbabwe (oder Zimbabwe). Der Typ argumentierte also tatsächlich mit einem Zustand von vor fast 40 Jahren!

Ganz klarer Fall: Diese drei Herren haben komplett verpasst, dass unsere Welt etwas vernetzter und komplizierter geworden ist und sich – mit den Worten Roland Deschains – „weiterbewegt“ hat. Am liebsten würden Sie die Zeit wieder zurückdrehen zu den einfacheren Zeiten von damals, als es noch die D-Mark gab, als die DDR uns noch die Ein-Euro-Jobber vom Hals gehalten hat, als VW noch einen Ruf als Erbauer umweltfreundlicher Autos hatte, als die Rente noch luxuriös hoch war, kurz: als wir noch die (vermeintlichen) Herren der Welt waren.

Zum Glück wurde ich da auch schon aufgerufen und von diesem hohlen Geschwätz erlöst. Am schlimmsten für mich war die Erkenntnis, dass genau solche Menschen in Großbritannien für den Brexit gestimmt hatten. Käme es in Deutschland jemals zu einer solchen Volksentscheidung, ob wir ein Teil Europas bleiben wollen oder nicht, diese Typen würden sofort für Donald Trump, äh, nein, das war etwas anderes… Also: Diese drei Herren würden sicher gegen einen Verbleib Deutschlands in der EU stimmen. Denn nur so könnte ihre Rente schnell wieder auf das Niveau von vor 30 Jahren steigen. Ganz sicher. Gaaaanz sicher.