Album der Woche – Episode 10 – 2017-11-19

Jede Woche präsentiere ich ein Album, das mir persönlich gut gefällt. Im Vorfeld höre ich es noch einmal (oder häufiger) durch und bemühe mich dann, es allen Interessierten „schmackhaft“ zu machen.

ZZ Top: „Rhythmeen“

„Rhythmeen“ ist eines meiner liebsten ZZ Top-Alben, voller schnörkellos rockender Knaller.
„Rhythmeen“ ist eines meiner liebsten ZZ Top-Alben, voller schnörkellos rockender Knaller.

Die Band ZZ Top war schon einmal für ein Album der Woche verantwortlich, was diese Häufung – zweimal innerhalb von gerade einmal zehn Beiträgen dieser Sparte – etwas übertrieben wirken lassen könnte. Doch ich habe meine Gründe:

  • In den vergangenen zwei Wochen habe ich insgesamt sechs Tests schreiben lassen, die alle korrigiert werden wollten. Beim Korrigieren lasse ich meist leise Musik laufen, die die vielen Hintergrundgeräusche überdeckt, wodurch ich mich leichter konzentrieren kann. Die Musik darf nicht zu aufdringlich sein, insofern taugen ZZ Top mit ihrem meist etwas gleichförmigen Groove ganz gut.
  • In einem der Tests mussten die Schüler die Struktur eines Songs erkennen. Wir besprechen das vorher im Unterricht anhand mehrerer Beispiele, dann üben wir es an weiteren drei oder vier Stücken im Verlauf der folgenden Wochen ein, im Test frage ich es mit einem wiederum neuen Stück ab. Dieses Mal war es „Rhythmeen“, der Titel-Track des Albums. Ausgewählt habe ich ihn, weil er eben nicht dem Standard-Aufbau der meisten Pop-/Rock-Stücke folgt.

Die Stücke:

Insgesamt beinhaltet das 1996 erschienene Album (immerhin das zwölfte Studio-Album) 12 Stücke mit einer Gesamtspielzeit von 55 Minuten. Wie bei so ziemlich allen ZZ Top-Alben darf man keine extreme stilistische Bandbreite erwarten, denn die drei Jungs beackern meist ziemlich genau den gleichen Acker wie bei den früheren und den späteren Veröffentlichungen. Auffällig gut ist aber der Sound (so richtig fett und satt) sowie die Tatsache, dass man wirklich von vorne bis hinten durchhören kann, ohne sich zu langweilen – obwohl alles recht ähnlich ist. Bemerkenswert.

Rhythmeen

Wie schon gesagt, dieses Stück folgt eben nicht der üblichen Struktur der meisten Pop-/Rock-Stücke. Diese wäre nämlich:

Intro – Strophe – (Pre-Chorus) – Chorus – Strophe – (Pre-Chorus) – Chorus – Solo/Bridge (oder beides) – (Strophe) – (Pre-Chorus) – Chorus – Outro

Alle eingeklammerten Teile sind optional, sodass im einfachsten Fall ein Pop-Song nur aus den folgenden Teilen bestehen kann:

Intro – Strophe – Chorus – Strophe – Chorus – Bridge/Solo – Chorus – Outro

Bei ZZ Top und „Rhythmeen“ dagegen sieht der Aufbau ganz anders aus, weshalb es ein ideales Stück für einen Test war (ich hatte angekündigt, ein Stück auszusuchen, das eben nicht der Standard-Form folgt):

Intro – Strophe – Strophe – Pre-Chorus/Chorus (schwer voneinander abzugrenzen) – Solo – Strophe – Chorus – Bridge/Strophe (eigentlich eine Strophe, aber die Begleitung ist anders als zuvor) – Solo/Outro

Zusätzlich gibt es mehrere Zwischenspiele, bei denen selbst ich mich nie ganz entscheiden konnte, ob es sich lohnt, da einen eigenen Formteil zu vergeben. Alles in allem eine ziemlich raffinierte Sache, die die Jungs da abgezogen haben. Beim oberflächlichen Hinhören fällt das vor allem gar nicht weiter auf, erst wenn man mit den Lyrics davor sitzt und sich bemüht, alles in eine Struktur zu bringen, wird klar, wie ausgefuchst hier gearbeitet wurde.

Alles gut…

Es ist ein wenig peinlich, aber mir fällt es schwer, einzelne Songs herauszuheben, da sie eben so nahe beieinander sind. Am ehesten stechen für mich positiver als der Rest diese beiden hervor: „What’s Up With That“ und „Hairdresser“. Ich bin mir aber sicher, dass jeder, der sich mit dem etwas raubeinigen Stil der Band anfreunden konnte, hier und da seine eigenen privaten Schätzchen entdecken wird.

Fazit

Für ein ZZ Top-Album ist „Rhythmeen“ eine wirklich gelungene Ansammlung von cool vorbeirauschenden Songs, bei denen man durch die amerikanische (am besten kalifornische) Landschaft fahren, das Fenster herunterkurbeln und sich den warmen Wind durch das (zugegeben spärlicher werdende) Haar wehen lassen möchte. Mich entführt der Sound aus dem tristen Novembergrau, vielleicht war es mir deshalb so eine willkommene Korrektur-Begleitung…

Ein Jahr Apple Watch

Heute ist es genau ein Jahr her, dass ich meine (erste) Apple Watch zugeschickt bekam. Selbstverständlich berichtete ich in diesem Blog-Eintrag davon, wie ich mich von meinem Polar Loop-Armband zur Apple Watch begab, ein Schritt, den ich bis heute nicht eine Sekunde bereut habe.

Ich könnte jetzt hier alle möglichen Daten auflisten, mich brüsten mit den langen Listen der vielen Trophäen und mich im Glanze meines eigenen Ruhms sonnen. Doch so viel kann ich gar nicht lüften, um den Gestank wieder loszuwerden, deshalb zeige ich ganz einfach jene Trophäe her, die mir meine Apple Watch – mittlerweile eine Series 3 (aber ohne Mobilfunk, ich bin nicht bei der Telekom) – heute verliehen hat.

Seit einem Jahr habe ich jeden Tag alle drei Ringe voll bekommen. Das freut mich!
Seit einem Jahr habe ich jeden Tag alle drei Ringe voll bekommen. Das freut mich!

Es gab tatsächlich nur ein paar wenige Tage, an denen ich Mühe hatte, die Ringe vollzubekommen. An einem habe ich es wirklich erst um 23:58 oder 23:59 geschafft, alle 12 Steh-Stunden erfolgreich zu absolvieren. Doch meistens ist der grüne Ring vor dem Frühstück abgehakt, der rote folgt im Verlauf des Vormittags, der blaue dann unter der Woche (wenn keine Ferien sind) kurz nach 15:00 h, heute (erster Tag der Herbstferien) erst um 17:07 h, da ich – es war wirklich dringend nötig – ausgeschlafen habe.

Die Apple Watch hat mich auf 365 Läufen, bei unzähligen Minuten Seilspringen, bei etlichen Yoga-Übungen, beim Schwimmen, beim Fahren mit dem Pedelec (ich möchte immer noch „E-Bike“ schreiben), beim Spazieren, bei der Gartenarbeit, beim Duschen, im Unterricht, in langweiligen und spannenden Sitzungen, im Konzert, im Auto, beim Schlafen – kurz: bei so ziemlich allem, was am Tag und in der Nacht so läuft – begleitet. Wenn sie nicht benutzt wurde, war sie unauffällig im Hintergrund. Wurde sie jedoch benutzt, trat sie elegant und funktional in Erscheinung. Wenn mir jemand bei WordPress eine Mitteilung schickt, erhalte ich sie zuerst über mein Handgelenk, ruft mich jemand an, ebenso, iMessages, Emails – alles wird dort zuerst vermeldet – und will ich es nicht hören, schalte ich die Uhr stumm. Ganz nach meinen Bedürfnissen.

Auch kann ich mit Fug und Recht behaupten, mich an die kleinen Eigenheiten der Apple Watch bzw. des watchOS gewöhnt zu haben. Noch nie war ein technischer Begleiter ein tatsächlich so persönliches Gerät wie dieser kleine Computer am Handgelenk. Ich bin sehr gespannt, wie die Reise in den kommenden Jahren weitergeht.

Song des Tages (202) – 2017-04-01

Jeden Tag empfehle ich einen Song als den „Song des Tages“. Am vergangenen Dienstag saß einer meiner Schüler im Unterricht und „litt“ ganz offensichtlich unter einem sehr fest sitzenden Ohrwurm. Immer und immer wieder presste er die Titelzeile im markanten Rhythmus (aber fast tonlos) hervor – ganz klar, das Stück hatte sich tief eingegraben. Geläufig war es mir nicht, doch mein Interesse wurde durch das Erlebnis geweckt, also suchte ich den Song bei Apple Music. Ich fand ihn, hörte ihn – und fügte ihn sogleich meiner privaten Favoriten-Liste hinzu. Und heute wird er sogar der Song des Tages (das ging ganz schön schnell, gell?). Es handelt sich um „Shadow On The Wall“ von Mike Oldfield:

Nach dem Anhören des Songs konnte ich den Ohrwurm verstehen, denn mir selbst lag in den kommenden Tagen immer wieder diese eine Zeile in den Ohren (hervorpressen musste ich sie glücklicherweise nicht so oft…): „Shadow On The Wall“.

Alle Songs in meiner freigegebenen Apple Music-Playlist.

„Wath?“

Ein nicht näher zu bezeichnendes Gymnasium in der baden-württembergischen Stadt Aalen. Eine (fast beliebige) 5. Klasse, kurz vor Schuljahresende. Lehrer (=ich) diktiert einen Merksatz. Da nicht jeder Schüler/jede Schülerin (gendermäßig will ich hier ja völlig korrekt bleiben) in der Lage ist, auf die erste (oder zweite) Aufforderung hin seinen/ihren Block bzw. sein/ihr Heft zu zücken, schreiben die übrigen schon einmal die Überschrift und das aktuelle Datum von der Tafel ab. Derweil bespaßen sich die unaufmerksamen Schülerinnen/Schüler noch munter gegenseitig. Weitere Hinweise des Lehrers werden geflissentlich ignoriert.

Dann beginnt das eigentliche Diktat. Weite Teile der Klasse schaffen das anstandslos, der Rest realisiert nun erst, dass ja in der Zwischenzeit schon zwei (oder mehr) Minuten Unterricht vergangen sind. Doch wohlerzogen, wie sie es nun einmal sind, meinen sie nun, den weiteren Verlauf unterbrechen zu müssen, um ihren selbstverschuldeten Rückstand aufzuholen. Das tun sie auf die angenehmst mögliche Weise: „STOPP!!!!“ oder „ICH BIN NOCH NICHT SOWEIT!!!“ oder auch – mein absolutes Lieblingswort, bitte unbedingt mit einem besonders britischem „th“ aussprechen! – „Wath?“

Und wieder einmal bin ich dankbar dafür, dass es nur noch zwei Wochen bis zu den Ferien sind.

Musikmaschine vom Feinsten

Gerade habe ich auf Twitter den Link zu einem YouTube-Video entdeckt, bei dem ein Künstler/Musiker seine Musikmaschine vorstellt, die mit der Hilfe von 2.000 Stahlkugeln betrieben wird. Üblicherweise bin ich solchen Spielereien gegenüber immer sehr skeptisch eingestellt, doch dieses Mal kann ich nur sagen: Wow! Eine tolle Idee, die fein ausgeführt wurde, sodass tatsächlich auch eine optisch faszinierende Maschine entstanden ist.

Wer Interesse daran hat, sehe bitte hier.

Ich finde hier sowohl die Idee als auch die Umsetzung sehr gelungen. Ihr sicher auch, oder?

 

Die „gute“ Seite des Internet

Das Internet ermöglicht viele schöne und wundervolle Dinge, z.B. WordPress mit den netten Menschen, die sich — zumindest in meinem Bekanntenkreis — dort tummeln, kann aber auch ein Ort abgrundtiefen Hasses und verdrehter Wahrheiten, Neid und sexueller Nötigung, Diffamierung und Ausnutzung sein.

Bei Twitter fand ich heute ein Beispiel für die beeindruckend schöne Seite des Internet: Ein Mädchen, das aus der Begeisterung für eine Sache anhand unzähliger Videos einen Tanzstil nicht nur erlernt sondern gleich gemeistert hat. Aber seht selbst!

Ist das nicht höchst faszinierend. Solche Videos zeigen, dass die ursprüngliche Vision des Internet immer noch lebendig ist, anders wäre eine derartige Entwicklung für mich nicht zu erklären…

 

Keiner war’s

Am vergangenen Mittwoch war bei uns an der Schule der Gedenk-Tag, ich berichtete, der ja durchaus unterschiedlichen Themen gewidmet war. In meinem großen Musikraum mit direkt angehängter Aula gab es für die Oberstufenschüler einen Vortrag, den ein Mann vom Verfassungsschutz hielt. Damit er für die große Personenanzahl verständlich sprechen konnte, hatten wir die große Anlage – Powermixer, Boxen, Kabel- und Funk-Mikrofone sowie ein Kabel zum Anschluss des Rechners an die Soundanlage – aufgebaut. Alles funktionierte, passt, super!

Kaputt ist kaputt...
Kaputt ist kaputt, auch wenn es keiner war...

Am nächsten Morgen kam ich wieder in meinen Raum, benötigte für den Unterricht aber das Kabel, das ich den Kollegen für den Anschluss des Rechners an die Soundanlage geliehen hatte. Als ich es abziehen wollte, sah ich, dass es in den für das Mischpult nötigen Adaptersteckern abgebrochen war. Und wieder einmal stellte sich bei den Gesprächen später heraus, dass es niemand war und keiner etwas wusste – nur: kaputt ist der Kram halt trotzdem.

Ich ärgere mich. Weniger darüber, dass ein Kabel kaputt ist, die Adapterstecker vermutlich auch nicht mehr zu gebrauchen sind, rein im Sinne eines Geldbetrages ausgedrückt: Peanuts. Was mich ärgert ist, dass meine beiden Kollegen unter Garantie nichts damit zu tun hatten, denn die wären absolut Manns genug, es einfach zu sagen (und hätten das auch gleich getan). Irgend jemand muss am Nachmittag oder Abend in dem Raum gewesen sein und wollte vermutlich nur das Mischpult verschieben, stand aber mit den Füßen auf dem Kabel. So etwas kommt vor, ist ja sicherlich auch nicht böse gemeint, aber dann kann man doch einen Zettel dazulegen oder anrufen… So weiß keiner von nichts, dann kann es auch in Zukunft nicht besser laufen. Bäh!

 

Befindlichkeiten

Eine kurze Vorbemerkung. Diesen Artikel habe ich schon am Mittwoch geschrieben, doch abends war ich zu müde, um die Sätze auf ihre Sinnhaftigkeit hin zu kontrollieren, daher kommt er jetzt erst.

Heute ist der 27. Januar, ein sehr geschichtsträchtiger Tag, zumindest aus deutscher Sicht. Zum zweiten Mal veranstaltet unsere Schule an diesem Datum einen speziellen Gedenktag, bei dem allerlei unterschiedlichen Themen – sei es die Zeit der Nationalsozialisten und aller Arten von Widerstandsbewegungen dagegen, die DDR oder auch Kinderrechte – auf unterschiedliche Weise (und auf Kosten des regulären Unterrichts) nachgegangen wird.

Georg Elser Gedenkstätte in Königsbronner
Georg Elser Gedenkstätte in Königsbronn

Ich schloss mich zwei Kolleginnen an, die mit fast 60 Schülern nach Königsbronn (einem kleinen Ort zwischen Oberkochen und Heidenheim) zur Georg Elser Gedenkstätte fuhren. Von Aalen aus ist man mit dem Regionalzug in weniger als 15 Minuten am Königsbronner Bahnhof angekommen, dann läuft man ungefähr fünf Minuten bis zur Gedenkstätte, die direkt neben Rathaus und „Brenztopf“ (so heißt der Ursprung der Brenz) gelegen ist. Begrüßt wurden wir von zwei sehr kompetenten Führern (ein durchaus heikler Begriff in diesem Zusammenhang, ist mir klar…).

Falls einem meiner Leser Georg Elser kein Begriff ist, würde mich das nicht wundern, denn mir ging es vor dem heutigen Tag genauso. Leider wird um ihn bislang immer noch nicht viel Aufhebens gemacht, obwohl er sicher zu den bedeutenden heroischen Gestalten des innerdeutschen Widerstands gegen Hitler gehört – und er hat seinen privaten Widerstand wirklich ganz allein durchgezogen, völlig ohne äußere Unterstützung. Bemerkenswert.

Georg Elser hat aus einem inneren Antrieb heraus die Kriegstreiberei der NS-Führung verurteilt und beschlossen, durch einen gezielten Bombenanschlag zumindest Hitler, nach Möglichkeit aber auch Göring und Goebbels (oder so viele führende Nazi-Funktionäre wie möglich) zu töten. Er wartete eine wiederkehrende Veranstaltung ab, bei der die ganze Führungsriege anwesend sein würde, installierte nach wochenlanger geheimer Vorarbeit eine Bombe in der Säule hinter dem Rednerpult – und verpasste am Ende Hitler nur um ein paar Minuten. Entgegen dessen Gewohnheit, ausufernde und lange Reden zu halten, zog ihn die Kriegsvorbereitung zurück nach Berlin, daher fasste er sich ungewohnt kurz. Viel Unheil hätte der Welt erspart bleiben können, wäre er an diesem Tag nicht so ungewohnt wortkarg gewesen.

Kurz vor der Schweizer Grenze wurde Elser auf der Flucht gefangen genommen, inhaftiert, überführt und gefoltert, gekrönt wurde die „Ermittlungsarbeit“ mit einem Geständnis. Von da an lebte er noch bis kurz vor Kriegsende im KZ, wo er wenige Tage vor der Befreiung durch die Alliierten per angeordnetem Genickschuss hingerichtet wurde (der Hinrichtungsbefehl mit der strikten Anweisung zur sofortigen Vernichtung des Dokuments ist in der Gedenkstätte zu besichtigen). Vermutlich sollte er kein Zeugnis von seinen Erkenntnissen mehr ablegen können.

Zurück zur Gedenkstätte: Zu Beginn sahen wir einen etwa halbstündigen Dokumentarfilm, der das gesamte Leben Georg Elsers zusammenfasste – sehr gelungen, leider mit vielen (mindestens 15-20) Aussetzern, denn der Windows 10-Rechner war mit dem Abspielen einer handelsüblichen DVD ganz offensichtlich überfordert. Danach in sehr geraffter, aber vielleicht dadurch gerade besonders eindringlicher Form Hitlers Weg weg von der Demokratie hin zur Diktatur in Form der „Ermächtigungsgesetze“ (immer wieder neu erschreckend, wie schnell das ging – ein großes Lob an die exzellent zusammengestellte Präsentation), wonach sich ein paar Minuten Pause an der frischen Luft anschlossen.

Dann tauschten die beiden Schülergruppen (die Räume sind nicht für 60 Personen ausgelegt), jetzt offenbarte ein französischer Experte (mit wundervoll klingendem Akzent) in einem etwa anderthalbstündigen Vortrag eine herausragend kompakte und dennoch überzeugend schlüssige Zusammenfassung der Ereignisse, die zu Hitlers Machtergreifung und den Gründen für Elsers Anschlag auf ihn führten. Die Schüler konnten sich bei solchen Input-Mengen oftmals nur noch ins Gähnen retten, ich verdenke Ihnen das nicht, denn in dem Alter wäre ich dabei glatt im Stehen eingeschlafen. Heute jedoch war von Müdigkeit keine Spur, die Ausführungen sprachen mich wirklich sehr an. Auch die Kollegin, die mit mir bei dieser Schülergruppe geblieben war, fand ihn sehr überzeugend.

Das Georg Elser-Denkmal am Königsbronner Bahnhof
Das Georg Elser-Denkmal am Königsbronner Bahnhof

Als die Schüler dann gegangen waren, um sich vor der Haustür zu versammeln, kamen eben jene Kollegin und ich mit dem französischen Führer ins Gespräch. Dabei erwähnte er die sehr diffizile Lage der Befindlichkeiten im Heimatort eines solchen Helden. Natürlich war auch Königsbronn in der NS-Zeit in vielerlei Hinsicht gleichgeschaltet worden: HJ, BDM und alle typischen weiteren Vereinigungen gab es auch dort. Nach dem missglückten Attentat wurde ein Großteil der Bevölkerung über Wochen strengen (und fast ausnahmslos brutalen) Verhören unterzogen. Dann griff die Propaganda-Maschine, die Elser als Marionette eines ausländischen (in diesem Fall britischen) Geheimdienstes hinstellte (völliger Unfug, aber dafür ist Propaganda ja nun einmal zuständig), ein. Wirklich fundierte Aufklärung über alle Details fand erst ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre statt, bis sie breiteren Bevölkerungsschichten bekannt wurde, hatten bereits die 1990er Jahre begonnen.

Die Gedenkstätte wurde gegen Ende des letzten Jahrtausends eingerichtet – gegen teils heftigen Widerstand der ansässigen Bevölkerung. Die lange zurückliegende Propaganda hatte teilweise ihre Wirkung getan, außerdem gab es haufenweise Probleme mit den individuellen Befindlichkeiten von Familien, die in diesem Zusammenhang nicht erwähnt werden wollten. Alles ein sehr heikles Geflecht von sozialen Fäden, die man besser nicht entwirren sollte, wenn am Ende irgendwann einmal eine echte Aufklärung für alle erreichen möchte.

Mich beeindruckten vor allem das Fingerspitzengefühl für die gerade dargelegten sozialen Befindlichkeiten und die Fachkompetenz der beiden Führer. In ein paar Jahren werde ich da sicherlich wieder hingehen, vielleicht ja wieder mit einer Schülergruppe. Wer einmal in die Gegend kommt, sollte sich diese Gedenkstätte unbedingt ansehen. Der Eintrittspreis ist lächerlich gering, die Details sind über die Homepage der Gedenkstätte einfach zu erfahren.

 

Ferienende und die endlose Suche nach DEM Rezept

Mit dem gestrigen Tag endeten die sog. „Ferien“. Halt, warum benutze ich dieses kleine und fast schon unscheinbar hinzugefügte Wörtchen „sog.“ vor dem Substantiv „Ferien“? Ganz einfach: Weil Ferien als Lehrer immer etwas anderes sind als noch damals, vor einer gefühlten Ewigkeit, in der Zeit als Schüler.

Ferien sind nur anders verpackte Arbeitszeit

In diesen Ferien musste ich das Abitur vorbereiten, genauer gesagt: das Fachpraktische Abitur. Die diversen Verordnungen zur Durchführung des Abiturs geben ganz genau vor, dass exakt acht Wochen vor dem Prüfungstermin die individuell festgelegten Pflichtstücke bekannt gegeben werden. Dazu muss natürlich im Vorfeld mit den Instrumentallehrern gesprochen/geschrieben werden, um eine für den jeweiligen Schüler passende Auswahl zu erhalten. Aus diesem Fundus legt man als Kursleiter dann wiederum ein Stück fest, welches genau acht Wochen vor der Prüfung bekannt gegeben wird. Das hat in diesen Ferien satte drei Tage Organisation, Emailschreiben und Telefonate mit sich gebracht.

Dann habe ich für eine Klasse, die ich erst im zweiten Halbjahr unterrichte, einen Großteil des Materials, das sich über die letzten fünf bis zehn Jahre etabliert hat, überarbeitet, weil mir gerade in den letzten zwei Jahren immer wieder kleinere Mängel an der einen oder anderen Stelle aufgefallen sind. Diese sind nun behoben, aber es waren wieder zwei Tage.

Für meine Big Band und den vierstündigen Kurs müssen noch ein paar Stücke neu arrangiert werden. Bislang habe ich dafür nur einen kompletten Arbeitstag geopfert, aber heute und morgen werde ich noch einmal Zeit investieren müssen.

So, und das waren nur ein paar der schulischen Dinge. Aber es sind, nein waren, ja Ferien.

Kinder daheim

Was die Ferien als vermeintliche Entspannungszeit spürbar einschränkt, ist die Tatsache, dass auch die Erzieherinnen und Betreuer in Kindergarten und Hort einmal eine kleine Auszeit benötigen. Ich gönne sie ihnen vollkommen. Und doch ist es ganz schön anstrengend, wenn man sich auf die Arbeit konzentrieren will, alle drei bis fünf Minuten aber ein Kind ins Arbeitszimmer schleicht und sich mehr oder weniger gnadenlos aufdrängt.

Am harmlosesten ist die Bitte: „Darf ich mir ein Hörbuch anmachen?“ – Das gewähren wir Eltern gerne, denn wir müssen eigentlich gar nichts tun, die Kinder können das Apple TV komplett alleine bedienen.

Nur für eine sehr kurze Ablenkung sorgt: „Kannst du mir ein Ausmalbild ausdrucken?“ – „Na klar, was hättest du denn gerne?“ – „Irgend etwas mit einer Prinzessin…“ – Zwei Minuten später darf der Drucker das von DuckDuckGo gelieferte Ergebnis ausspucken – und mit etwas Glück kehrt Ruhe ein. Vorläufig.

Schlimmer ist manchmal: „Mir ist langweilig!“ – „Dann lies ein Buch!“ – „Ich habe schon zwei gelesen.“ – „Dann üb auf deinem Instrument!“ – „Das will ich aber nicht…“ – Das kann schnell gehen, wenn man zufällig etwas in den Raum wirft, was taugt, es kann aber auch ergebnislos ausgehen. Dann steigt die Gefahr einer baldigen Arbeitsunterbrechung exponentiell an.

Die endlose Suche nach DEM Rezept

Kompletter Themenwechsel, es sind (nein, waren) ja Ferien, da dürfen die Gedanken auch mal abschweifen…

Was haben pädagogische Fachzeitschriften mit den typischen Frauenzeitschriften gemeinsam? Sie kreisen beständig um die immer gleichen Themen.

Wann immer ich eine Frauenzeitschrift herumliegen sehe und die Überschriften und Ankündigungen auf dem Cover sehe, scheinen sich die Inhalte auf grob die folgenden Kategorien zu erstrecken:

  • Die aktuelle Mode für die kommende Jahreszeit.
  • Rezepte (für die aktuelle Jahreszeit)
  • Tipps zum Abnehmen (oft in Kombination mit vorigem Punkt)
  • Lebenshilfe („Wie werde ich glücklich?“ und dergleichen)
  • Prominente etc.

Pädagogische Fachzeitschriften dagegen fokussieren sich auf:

  • Änderungen an der Rechtssituation für Lehrer
  • Änderungen am Beamtenrecht (und was man dagegen zu tun gedenkt)
  • Ausschreiben von Neuwahlen für die verschiedenen Vertretergremien
  • Was macht guten Unterricht aus?

Gerade dieser letzte Punkt wird gebetsmühlenartig immer und immer wieder aus der mittlerweile völlig zugemüllten Kiste herausgeholt. Und die Tipps und Anregungen, die man als Lehrer daraus ziehen kann, sind in ihrer Summe so widersprüchlich, dass man sich am Ende ohnehin wieder ein eigenes System ersinnen muss. Und komischerweise funktioniert das dann meist gar nicht so schlecht.

Ich verstehe, warum das Thema immer und immer wieder herausgeholt wird. Permanent werden neue Experimente angesetzt, neue Ergebnisse eingefahren, neue Strukturen geschaffen. Was dabei völlig aus dem Blick gerät: Stabilität hat auch einen Wert. Und der ist meist höher als alle Experimente je einbringen könnten.

Mein direkter Vorgänger hat etwa 35 Jahre lang durchgehend an dieser einen Schule unterrichtet. Seine Methoden und Ansichten waren glasklar, seine Linie wankte nie. Jeder Schüler und jeder Kollege wusste ganz genau, woran man bei ihm war. Manche Schüler hatten natürlich ihre Probleme damit, aber noch heute merkt man genau, welche Klassen er unterrichtet hat, denn durch die Stabilität der ganzen Unterrichtsstruktur war ein Fokus auf die Inhalte gewährleistet. Und das, was bei ihm einmal gelernt wurde, saß auch Jahre später noch. Beeindruckend. Und dabei so völlig frei von pädagogischem Schnickschnack.

Ständig das Rad neu zu erfinden, hat noch niemandem geholfen. Meine erste Planstelle hatte ich an einer Modellschule, die es sich in ihren ersten fünf oder sechs Jahren zum Motto gemacht hatte, alles noch einmal neu zu erfinden – und jedes Jahr gefühlt „alles anders“ zu machen. Das war für alle Beteiligten anstrengend, führte zu unglaublich viel Verwirrung und letztlich steigerte es die Unterrichtsqualität nicht, ganz im Gegenteil: Weil man sich so stark auf die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen konzentrieren musste, blieb unterm Strich weniger Zeit für die Kernaufgabe: Unterricht vorbereiten und erteilen.

Daher meide ich die Lektüre von pädagogischen Zeitschriften genauso wie die von Frauenzeitschriften. Vergleichbares Schriftwerk für Männer übrigens ebenso.

 

Political Correctness & Disneyfication – nein danke!

Gestern habe ich das oben abgedruckte Bild bei Twitter entdeckt. Und – ohne dass ich jetzt eine konkrete Quelle angeben könnte – erinnere ich mich an einen schönen Artikel eines US-amerikanischen Bloggers darüber, dass die überall eingeforderte „politische Korrektheit“ eine „echte eigene Meinung“ zunehmend unterdrückt. Im Sinne einer „Disneyfication“ gilt nur noch als akzeptabel, was niemanden „aus der jeweiligen Komfortzone“ herausreißt – somit wird jede Äußerung weichgespült und immer nur dann geäußert, wenn man sich als Autor sicher sein kann, niemanden auch nur andeutungsweise anzugreifen bzw. (im Umkehrschluss) möglichst viele „Likes“ zu generieren.

Als ich den Artikel gelesen hatte, reifte in mir der Entschluss, in der Zukunft von meinen Schülern durchaus in der im Bild angedeuteten Richtung wesentlich mehr zu verlangen.

Schon jetzt lasse ich mich im Beruf nicht von Überlegungen leiten, die mir „mehr Beliebtheit“ bei den Schülern versprechen, denn gibt man dieser Versuchung erst einmal nach, wird es sehr schwierig, später wieder einen konfrontativen Kurs einzuschlagen. Und gerade Teenager auf der Höhe der Pubertät benötigen einen knüppelharten Widerpart, an dem sie sich reiben und ihre private Revolution ausleben können. Keiner behauptet, dass sich das für beide Seiten gut anfühlt, aber auf dem Weg zu einer eigenständigen Persönlichkeit ist diese aufrührerische Phase unumgänglich.

Wenn man sich mal vor Augen führt, wie lange der Zustand der Adoleszenz sich heute ausdehnt (oft bis Mitte/Ende Zwanzig), so mag einer der Gründe dafür darin zu suchen sein, dass den Jugendlichen immer mehr Möglichkeiten genommen werden/wurden, kontrovers zu sein. In den 1960er Jahren konnten die Teenager die Rolling Stones hören (nur als ein schönes Beispiel) und sich sicher sein, dass die Eltern strikt dagegen waren. Das beschwor Konflikte herauf, dringend notwendige Konflikte, dafür waren die jungen Erwachsenen dann auch schon früher gereifte(re) Persönlichkeiten.

Vergleichen wir die Situation damals (Rolling Stones) mit heute: Die meisten Eltern hören weitgehend die gleiche Musik wie ihre Kinder, zumindest gibt es immer weniger substantielle Unterschiede. Das Radio hat mit seinem dreieinhalb-Minuten-Diktat für eine weitgehende Angleichung der Popularmusik gesorgt. Klar, man findet immer noch Nischen, bei denen sich die Eltern sicher genervt abwenden. Aber es wird immer schwieriger, die Nischen werden immer kleiner.

Ich lehne mich nun ein wenig aus dem Fenster: Das Erstarken extrem rechter und extrem linker politischer Ansichten sowie deren gewaltbereites/-volles Ausleben könnte auch eine Folge der zunehmend unmöglich gewordenen Revolutionsphase in der Pubertät sein. Unter Garantie spielen da noch etliche andere Faktoren eine gewichtige Rolle, nicht zuletzt Bildungsgrad (des Jugendlichen wie auch der Eltern), soziale und geographische Herkunft, persönliche Vorerfahrungen und vieles mehr. Aber ich denke, dass es ein zwingender Teil des Erwachsenwerdens ist, sich eine Zeit lang mit allem und jedem um sich herum anzulegen, die Grenzen aktiv auszutesten. Und jedes Unterbinden dieser Möglichkeit verlängert den Abnabelungsprozess bzw. hinterlässt ungelöstes Konfliktpotenzial, das später dann unter Umständen wieder an die Oberfläche drängt.

Zurück zur Ausgangssituation: Warum sollte nun also der Lehrer immer nur einen auf „Kuschelkurs“ machen und seinen Schülern nicht grundsätzlich mehr abverlangen, als sie in ihrer „Komfortzone“ zu leisten bereit sind? Also: Macht euch auf etwas mehr Stress in den kommenden Monaten gefasst!